Seit 2004 reise ich regelmäßig nach Myanmar in die Special Region 4. Der Handel mit Wildtieren und Wildtierprodukten ist unübersehbar seitdem die Stadt zu einem Magneten für chinesische Händler geworden ist. Immer wieder dokumentierte ich, was sich auf dem Markt abspielte, die Restaurants, die Bären, Affen, Vögel, etc. zur Auswahl und zum Verzehr ausstellten sowie die Szenen in der Bärenfarm, in der etwa 50 bedauernswerten Bären Gallenflüssigkeit abgenommen wird. Und niemand macht ein Geheimnis daraus, dass der Großteil der Produktion in das Nachbarland China exportiert wird. Die verschiedensten Händler halten alle möglichen Arten von lebenden Tieren und handeln mit Tierhäuten, Knochen und anderen Wildtierprodukten.
Als die chinesischen Behörden die Grenze schlossen, um zu verhindern, dass Händler aus Yunnan auf der anderen Seite der Grenze ein Vermögen machen, ging der Wildtierhandel unvermindert weiter und verstärkte sich in einigen Fällen sogar (es entstanden neue Straßen in den Bergen, während täglich Kuriere auf Motorrädern Geschäfte mit Jägern abwickelten und soviel Buschfleisch einsammelten, wie sie produzieren beziehungsweise erjagen dürfen).
Um den Wildtierschmuggel zu veranschaulichen, wurde ich von einem Team von Swiss TV, einem bekannten Buchautor, einem Team von Spiegel TV und einem Produzenten einer bekannten britischen Rundfunkgesellschaft begleitet. Sie alle stießen auf eindeutige Beweise, dass ein großer Teil der Wildtiere auf die andere Seite der Grenze, nach China, geschmuggelt wurde. Wir filmten wiederholt einen Wildtierhändler, der etwa 8 Bären in kleinen Käfigen nahe dem Grenzfluss gefangen hielt. Im Hintergrund befand sich der offizielle chinesische Grenzübergang und gleich neben dem Haus des Händlers und den Bären war ein rostiger Grenzzaun. Bei meinem ersten Besuch schoben Schmuggler aller möglichen Waren ihre Rikschas außen um den Zaun herum und wateten dabei durch den knietiefen Fluss. Später wurde ein Loch in den Zaun geschnitten und nun gehen anscheinend 90% des illegalen Handels über den rostigen Zaun, anstatt über den offiziellen Zollposten.
Der Tierhändler bestätigte, dass viele seiner Aufträge für Bären-Banketts auf der chinesischen Seite bestimmt sind. Es war einfach, die Kamera gleichzeitig auf die Bären im Vordergrund, den rostigen Zaun in der Mitte und den Grenzübergang im Hintergrund zu richten, während gefilmt wurde, wie wiederholt Schmuggelware transportiert wurde.
Neben dem Schmuggel von lebenden Tieren sowie Tierprodukten, von denen eine Vielzahl von CITES aufgelistet ist, gibt es immer noch chinesische Touristen, die nur nach Mong Lah kommen, um Wildtierfleisch zu essen. Es stellt sich natürlich die Frage, inwieweit dieser Verstoß des CITES-Übereinkommen (durch das buchstäbliche Übertreten einer internationalen Grenze, um nationale Gesetze und eine internationale Konvention zu umgehen) gleichermaßen die Ideologie der Konvention zunichte macht.
Ich teilte meine Befunde John Sellar mit, der mir später erzählte, dass er die Delegierten aus Myanmar darauf angesprochen habe, woraufhin sie ihm antworteten, keinen Einfluss mehr auf die Special Region 4 zu haben. Swiss TV bat 2006 um ein Interview mit dem Vorsitzenden der chinesischen Delegation, die an der CITES-Artenschutzkonferenz in Genf teilnahm (die Anfrage erfolgte über das Sekretariat). Wir wurden aufgefordert die Fragen einzureichen, was wir auch taten, nur um von einem Vertreter des Sekretariats zu erfahren, dass die chinesische Delegation es abgelehnt hat zu antworten.
Die entsprechenden Filme wurden von verschiedenen europäischen und südafrikanischen Fernsehsendern ausgestrahlt. Die Reaktion darauf war immer enorm und viele der Zuschauer fragten, was man als einzelne Person tun könne. In der Schweiz erfuhren die Printmedien ebenfalls von der Angelegenheit und baten den CITES-Vertreter der Schweiz, im Namen aller Zuschauer aus der Schweiz, die ihre Empörung ausdrückten, die chinesische Delegation offiziell dazu aufzufordern, ihren Standpunkt zu erklären. Die Antwort ließ lange auf sich warten und belief sich darauf, dass diese Filme keine Beweise darstellen. Ich wies darauf hin, dass einige sehr angesehene Produzenten, Autoren sowie Journalisten mich begleiteten und mir bei den Arbeiten zur Seite standen. Sie kamen alle zu dem Schluss, dass wir unzählige „Beweise“ gefunden haben. Unterdessen sahen sich die negativ erwähnten Parteien durch die Ausstrahlung dieses Films nicht dazu veranlasst, sich darüber zu beschweren, dass irgendeine der Feststellungen ungerechtfertigt war, oder dass sie berichtigt beziehungsweise ihnen widersprochen werden mussten.
Seitdem habe ich in einer weiteren solchen Enklave/Kolonie an der Grenze zwischen China und Laos gedreht. Die Besitzer des Casinos mit einem langfristigen Mietvertrag sollen dieselben Geschäftsmänner und „Ex-Drogenbarone“ aus China und Birma sein. Die Vorgehensweise ist exakt die gleiche wie in Mong Lah: Restaurants mit einer Fülle an zum Verkauf angebotenen Wildtieren, darunter Bären und Primaten, Läden (darunter der größte Laden in dem Casino), die alles mögliche an Wildtierprodukten, wie Tigerknochen, Gallenflüssigkeit vom Bären, verkaufen. Wieder ist eine abscheuliche Bärenfarm entstanden, in der einige der Bären in winzigen Käfigen gehalten werden, die ungefähr einem Drittel der Größe von den Käfigen in Mong Lah entsprechen.
Es gibt noch zwei weitere „Casino-Städte“, die neu entstehen. Eine befindet sich ebenfalls auf der anderen Seite des Mekong, in der Special Region 4, und die andere an der Grenze in Laos. Ich habe wenig Zweifel daran, dass sich die Szenarien von Mong Lah und Boten bald an zwei anderen Orten wiederholen, wobei die Stammesverbände aus den Bergen abermals auf das neue Nachfragemuster reagieren und ihr Wälder plündern.
Der Film „Die Kinshasa-Connection“ ist ein Enthüllungsbericht über den Export von etwa 120 Affen aus dem Kongo, von denen schätzungsweise 30 weiter in bekannte US-Zoos exportiert wurden. Der Bericht handelt davon, dass eine Reihe an nationalen Gesetzen missachtet werden mussten, um diese Affen in die Käfige von einigen bekannten Wildtierhändlern in Kinshasa zu stecken. Es wird berichtet, wie die wissenschaftliche Behörde der CITES im Kongo zur selben Zeit gegenüber der Kamera sagt, dass keine "Unbedenklichkeitsatteste" (Non-detriment-finding) ausgestellt wurden, und wie niemand im Kongo eine Vorstellung über die verbleibenden Bestände von einer Vielzahl dieser Arten hat, und dass die kongolesische CITES-Aufsichtsbehörde erklärt, dass es noch sehr viele geben muss, „…da wir jeden Tag eine Menge ihres Fleisches essen“.
Eine Unzahl an Ex- und Importdokumenten sind widersprüchlich und irreführend (bei einigen Genehmigungen für die USA steht „C“ für „captive imports“). Der Zoo in San Diego importiert Tiere und erwartet, dass man sie dafür lobt, …“diese Affen vor den Buschfleisch-Märkten gerettet zu haben“.
Angeblich hat das CITES-Sekretariat die Behörden im Kongo zweimal gebeten, eine Stellungnahme für einige der Anschuldigungen abzugeben. Mir wurde gesagt, sie hätten zweimal darauf geantwortet und behauptet, dass der Handel im Rahmen des Legalen erfolgt worden wäre. Und dies wiederum wurde von der Vollzugsabteilung des Sekretariats als das Ende der Angelegenheit abgetan.
Ich wurde von Swiss TV gebeten, einen kleinen Beitrag zum Thema Buschfleisch in der Schweiz zu machen. Ich erzählte, wie ich einmal von Yaounde in die Schweiz flog und viele Passagiere bemerkte, die Kühlboxen beim Check-in dabei hatten. Ich fragte den Schweizer Mitarbeiter des Flughafens, weshalb die Kühlboxen nicht überprüft wurden. Er antwortete mir, dass dies in einer zu großen Auseinandersetzung und zu viel Geschrei enden würde, wenn man versuche das Fleisch hier zu konfiszieren, und dass dies dann in Zürich gemacht werden würde.
Am Flughafen von Kloten interviewten wir den obersten Zollbeamten und einige andere Mitarbeiter. Sie zeigten uns Röntgenaufnahmen von Koffern, in denen sich mehrere geräucherte Primaten befanden, eine Tasche mit etwa 6 toten Schuppentieren und so weiter…
Als wir die Zollbeamten nach den Unterlagen für diese Sachen fragten, erklärten sie, dass es keine gäbe. Alles, was passierte, nachdem sie das Fleisch beschlagnahmten, war, dass der Passagier ungestraft davonkam. Natürlich gibt es deshalb bei Warentransporten kaum einen Grund, der den Passagier davon abhält, dies beim nächsten Mal erneut zu versuchen.
Uns wurde gesagt, dass das Bundesamt für Veterinärmedizin (die Vollzugsbehörde der CITES) sich darum kümmern müsse, aber sie wagte es nicht, den daraus resultierenden Formalitäten und Konfrontationen zu begegnen. Also wurde im Großen und Ganzen nichts getan. Die Zollbeamten waren zweifelsohne sehr unzufrieden mit dieser Situation.
Vor kurzem erregte der Fall eines Ladenbesitzers aus Nigeria Aufmerksamkeit. Zuerst bekam er eine Bewährungsstrafe, weil er vergammeltes Fleisch verkaufte. In den Originalberichten handelte es sich um Affenfleisch. Doch später wurde es in „Ziegenfleisch“ umgeändert, wahrscheinlich, um Probleme wegen der illegalen Einfuhr zu vermeiden. Derselbe Ladenbesitzer wurde später wieder verhaftet, diesmal wegen Verkauf von Kokain in seinem Laden. Es scheint, als nehme man Angelegenheiten, bei denen es um Drogen geht, ernster.
Swiss TV interviewte den Vorsitzenden der CITES-Delegation der jüngsten Konferenz (dies war nicht möglich, als wir mit einem Team von Swiss TV zuerst nach Bern reisten und dort nur mit einem Pressesprecher der Abteilung sprechen konnten). Der Vorsitzende bekräftigte, dass er von keiner einzigen Strafverfolgung in der Schweiz, bezüglich irgendeines Verstoßes gegen Regeln und Vorschriften der CITES wisse.
Wir haben es durchaus mit einer „diplomatischen Vorgehensweise“ versucht, indem wir bis ins kleinste Detail dokumentiert und dem Sekretariat in gutem Glauben von Verstößen berichtet haben, nur um festzustellen, dass keine entscheidenden Schritte in irgendeinem der Fälle getan wurden.
Vielleicht wird die nächste Artenschutzkonferenz in Bangui, in der Zentralafrikanischen Republik gehalten, damit der Generalsekretär die Delegierten zu einem Spaziergang über den PK12 Buschfleischmarkt einladen kann, um ein unmittelbares Gefühl dafür zu bekommen, wie wenig die CITES in Gegenden bewirkt, wo es eigentlich nötig ist. Natürlich verstehe ich, dass die Wahrscheinlichkeit des Erscheinens der Delegierten an solch einem Tagungsort sehr gering ist. Somit bleibt noch Peking – wo zumindest die Behörden sicherstellen könnten, dass die ausländischen Medien die Delegierten nicht mit unangenehmen Fragen hinsichtlich Verantwortung und Transparenz belästigen.
Nanyuki, 31.07.2009
Übersetzung: Anja Harnisch